Ein internationaler Fachtag in Heiligenbronn zur Qualifizierung für die Kommunikation mit taubblinden Menschen, zu dem rund 100 Fachleute zusammenkamen, bildete den Abschluss des dreijährigen internationalen Projekts EQUAT, das vom EU-Programm Erasmus plus gefördert wurde.
Die Projektleitung des 2015 gestarteten Vernetzungsprojekts hatte Dr. Andrea Wanka, Taubblindenbeauftragte der stiftung st. franziskus heiligenbronn, übernommen. Aufgrund ihrer Elternzeit übernahm 2017 Magistra Barbara Latzelsberger aus Wien die Projektleitung. Zielsetzung der teilnehmenden Taubblindeneinrichtungen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden war die Erarbeitung eines Qualifizierungsangebots zur Entwicklung komplexer Kommunikationsprozesse mit Menschen mit angeborener Taubblindheit oder erschwerter Kommunikation. Nur eine solche Fachlichkeit in der Kommunikationsentwicklung, die in alltägliche Tätigkeiten einfließt, ermögliche stabile und anregende Beziehungen und damit bessere Teilhabechancen und Lebensbedingungen für die Menschen mit Taubblindheit.
Bei den Projekttreffen, die abwechselnd in den beteiligten Taubblindenzentren stattfanden, wurden die Inhalte des Schulungsprogramms erarbeitet, basierend auf den Grundlagenbüchern der Booklets „Kommunikation und angeborene Taubblindheit“. In diesem Zusammenhang gibt die stiftung st. franziskus heiligenbronn auch zwei demnächst erscheinende neue Fachbücher heraus. Die Methodik des Schulungsprogramms orientiert sich an aktuellen Erkenntnissen der Erwachsenenbildung und der Neurophysiologie. Ein zentrales Arbeitsinstrument dabei ist die Videoanalyse.
Bei dem Abschlusstreffen in Heiligenbronn beschlossen die Partner, die internationale Zusammenarbeit, in die die auch die Universität Groningen in den Niederlanden eingebunden ist, fortzusetzen und auf Grundlage des erarbeiteten Handbuchs 2019 eine konkrete Pilot-Schulungsmaßnahme zu starten.
Der Vorstand der Blindeninstitutsstiftung Würzburg, Johannes Spielmann, bedankte sich beim Leiter der Behindertenhilfe in der stiftung st. franziskus heiligenbronn, Roland Flaig, für sein großes Engagement zugunsten des internationalen Wissensaustauschs und überreichte ihm eine Ehrenmedaille und einen Apfelbaum. Dieser soll auf dem Stiftungsgelände gepflanzt werden und wie die Vernetzungsarbeit reiche Frucht tragen. In seinem Rückblick auf das bereits zweite erfolgreich abgeschlossene EU-Projekt zum Taubblindenwesen resümierte Roland Flaig: „Um ein ambitioniertes Projekt erfolgreich abschließen zu können, benötigt man erst einmal eine große Herausforderung, visionäre Gedanken und eine Strategie zur Umsetzung, den Mut der Erkenntnis, den Willen zur Lösung und die Verpflichtung, es zu erfüllen.“
Das in drei Jahren Erarbeitete wurde den Teilnehmern am internationalen Fachtag vorgestellt, an dem Fachleute aus den Einrichtungen der Projektpartner, aus weiteren Einrichtungen und aus Behörden teilnahmen. Wie Stiftungs-Vorstand Dr. Michael Wollek eingangs ausführte, diene auch er zur Weitergabe des Fachwissens und dem Knüpfen von Verbindungen. Über 220 Menschen mit Taubblindheit oder Hörsehbehinderung würden in oder von der stiftung st. franziskus heiligenbronn betreut. Es gehe darum, ihnen wie allen von der Stiftung betreuten Menschen Lebensperspektiven zu schaffen.
Die Projektleiterinnen Andrea Wanka und Barbara Latzelsberger sowie Vertreter der Arbeitsgruppen im EU-Projekt EQUAT stellten die Bausteine und Inhalte des erarbeiteten Schulungsprogramms vor. Die Fachbuchautorinnen Inger Rødbroe aus Dänemark und Elisa Keesen sowie Übersetzerin Ulrike Broy, beide aus der Stiftung, stellten die neuen Fachbücher vor. In Workshops gaben Mitarbeiter Impulse zu einzelnen Aspekten kommunikativer Beziehungen mit taubblinden Menschen.
In einer Podiumsdiskussion erhielten die Projektverantwortlichen ein positives Feedback für ihr „überzeugendes Schulungsmodell“, dem sie weite Verbreitung wünschten. Vor allem wurde positiv bewertet, dass die Schulung auch für die Kommunikation mit anderen Personengruppen fruchtbar sein kann. Auch der Aspekt der Inklusion wurde diskutiert und betont, dass es gerade bei Menschen mit Taubblindheit die Spezialisten für die Kommunikation brauche.
Quelle: www.stiftung-st-franziskus.de